Eine massive Ausweitung des Informationsangebots für Vereinsvorstände entsteht gerade als Antwort auf die strukturellen Änderungen im Vereinswesen. Damit reagiert die zuständige Ministerin Isabelle Weykmans auf die zunehmenden Klagen vor allem der kleineren, rein ehrenamtlich geführten Vereine, die sich mit einem immer größer werdenden Verwaltungsaufwand konfrontiert sehen. Die Koordinationsstelle Ehrenamt und Vereinsarbeit im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat mit der „Vereinsfarde“ einen digitalen Werkzeugkasten geschaffen, der mit umfangreichem und anschaulichem Material alle Aspekte der Vereinstätigkeit beleuchtet und vereinfacht. In Zusammenarbeit mit LOS, Födekam, Jugendbüro und AGV329 werden die Inhalte fortwährend aktualisiert und sektorenspezifisch angepasst. Parallel dazu findet eine Vereinsumfrage bis zum 12. Dezember statt, um das Angebot an die Vereine noch passgenauer stricken zu können.

Die überwiegend ehrenamtlichen Vereinsvorstände in Ostbelgien sind sich in einer Sache einig: Die Verwaltungsarbeit wird immer aufwändiger, erfordert immer mehr Sach- und Digitalexpertise und keiner macht sie gern! In über 700 Vereinen investieren in Ostbelgien Menschen Zeit und Begeisterung für Sport, Musik oder Kultur, für soziale oder regionale Themen, für Traditionen, Geschichte oder Freizeit. Dabei wird eine Tendenz in den letzten Jahren immer klarer: Vorstand will keiner mehr machen!

Die Gründe dafür sind vielfältig. Das ehrenamtliche Vereinswesen befindet sich im radikalen Umbruch. Es entwickeln sich neue Formen des Engagements und es wird mehr auf Individualität und Wertigkeit geachtet. Die eigene Zeit wird sparsamer und effizienter für den Einsatz im Verein investiert. Es finden sich viel mehr Menschen, die sich punktuell für die Vereine einsetzen und immer weniger, die zum langfristigen Einsatz bereit sind. Gleichzeitig findet gerade ein Generationenwechsel in den Vorständen statt. Nur ist die Motivation der älteren nicht mehr die Motivation der jüngeren. Präsident eines Vereins sein, ist nicht mehr en vogue. Erfahrungen sammeln, aus dem Vereinseinsatz fürs Leben lernen und gemeinsam mit anderen Spaß haben, sind wichtigere Aspekte in der Entscheidung für ein Engagement. Schließlich ist die Verwaltungsarbeit tatsächlich anspruchsvoller geworden. Mit dem neuen Gesetzbuch der Gesellschaften und Vereinigungen von März 2019 müssen alle VoGs bis zum 1. Januar 2024 ihre Satzungen angepasst haben. Veröffentlichung im Unternehmensgericht, UBO-Register, Steuererklärung, Jahresabschluss kommen dazu. Vieles kann nur digital ausgefüllt und eingereicht werden. Das erfordert digitale Fähigkeiten und Zeit, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und Wissen anzueignen. Der Aufwand steigt, die Motivation sinkt. Und genau da setzt die Vereinsfarde und das umfangreiche Angebot auf der Seite des Ministeriums „Vereinsarbeit/Ehrenamt“ an. Mustersatzungen und -verträge, Schritt-für-Schritt Anleitungen, Video-Tutorials, Tool für die vereinfachte Buchführung und vieles mehr sollen die Verwaltungsarbeit vereinfachen und effizienter machen.

„Menschen sollen in den Vereinen ihr Engagement nicht als Last, sondern als Freude und Bereicherung empfinden. Die Vereinsfarde und das Beratungsangebot im Ministerium und in unseren Verbänden soll Zeit frei machen für mehr Musik, für mehr Sport und für alles, was wirklich Spaß macht.“, meint auch die zuständige Ministerin Isabelle Weykmans und betont, „Der Verein bietet den organisatorischen Rahmen, in dem Gleichgesinnte ihre Begeisterung bündeln und neue Ideen gemeinsam verwirklichen können. Dadurch wird Verbindlichkeit und Identifikation mit dem Ort und den Menschen geschaffen. Aus diesem Grund ist die Struktur „Verein“ so wichtig und wir möchten sie aktiv unterstützen und konkrete Lösungen und Alternativen anbieten, auch angesichts der aktuellen Herausforderungen.“

Auch Marc Komoth, Präsident von Födekam, ist überzeugt: “Verein ist toll, aber Verein wird aufgrund der Entwicklung unserer Gesellschaft nicht leichter. Denjenigen, die sich engagieren, ist jede Form der Unterstützung bei den immer umfangreicheren administrativen Aufgaben deshalb sehr willkommen. Wir freuen uns über den jetzt vorliegenden digitalen Werkzeugkasten und empfehlen allen Vorständen unserer Musik- und Gesangvereine, diesen intensiv zu nutzen.“ Umfassend sind in diesem Zusammenhang auch die anderen Maßnahmen, um für Vereine in Ostbelgien ideale Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Kosten der „Zusatzversicherung Ehrenamt“ bei Ethias, die Haftpflicht, Zivil- und strafrechtliche Verteidigung, Körperschäden und Rechtsschutz abdeckt, werden von der DG übernommen.  Außerdem bieten die Verbände LOS und Födekam eine Kollektivversicherung für Verwalter einer VoG an. Födekam bietet zusätzlich eine Haftpflicht- und Unfallversicherung für Körperschäden für Vereinsmitglieder an.

Und das Beratungsangebot wurde erweitert. Das Seminar „Freiwilligenmanagement 2.0 – Neue Wege in der Vorstandsarbeit“ hat 2021 aufgrund der hohen Nachfrage zwei Mal stattgefunden. Darüber hinaus wird zwei Mal pro Jahr die Infoveranstaltung „Ich habe da mal eine Frage“ (aktuell 19.11) zu Finanz-, Versicherungs- und Gesetzgebungsfragen von VoGs sowie ein Mal im Jahr eine Veranstaltung zu „Steuererklärung für VoGs und UBO-Register“ angeboten. Aktuell finden in mehreren Gemeinden Infoabende zum Thema „Satzungsanpassung“ mit der Referentin für Ehrenamt und Vereinsarbeit Marieke Gillessen aus dem Ministerium statt: In Bütgenbach am 29.11, in Amel am 25.11, in Burg-Reuland am 12.01 und in St. Vith am 28.02. Die gleiche Veranstaltung in Büllingen fand im September mit fast 120 Vereinsverantwortlichen statt und zeugt vom großen Interesse aber auch vom Informationsbedarf der ostbelgischen Vereine.

Wie auch die Referentin der AGV329, Stephanie Schiffer bemerkt: “Wer eine VoG managen will, muss einiges beachten und hat viele Deadlines einzuhalten. Das erfahren wir regelmäßig – im Gespräch mit unseren Mitgliedern und bei uns selbst.”, und fügt hinzu: “Jetzt gibt es dazu eine digitale Vereinsfarde, an dem Verbände aus Ostbelgien mitgewirkt haben. Das Ergebnis: Alles, was als VoG zu tun ist, auf einen Blick. Genau das hat die Vereinswelt gebraucht!”

Pascal Kuck vom Jugendbüro findet diese Kooperation für die Vereine wichtig: “Durch die Zusammenarbeit aller Partnerorganisationen konnte ein echter Mehrwert für die ostbelgischen Organisationen geschaffen werden. Auch in Zukunft werden wir uns für diese Kooperation einsetzen und uns an der Aktualisierung der Vereinsfarde beteiligen, damit die ehrenamtlichen Helfer in unserer Gemeinschaft unterstützt werden.”

Um genau zu ermitteln, was die Vereine brauchen, um die organisatorischen und verwaltungsrelevanten Aufgaben zu meistern, findet schließlich eine Vereinsumfrage statt, die bis zum 12. Dezember online ausgefüllt werden kann.

 

Weitere Informationen bei:

Marieke Gillessen

Referentin für Ehrenamt und Vereinsarbeit

Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Gospertstraße 1, B-4700 Eupen

Tel. +32(0)87 789 627

[email protected]

oder auf:

www.ostbelgienlive.be/vereinsfarde

www.ostbelgienlive.be/vereinsumfrage